18.08.20
Welche Gewindearten gibt es und wie erkenne ich sie?
Wickelt man eine schiefe Ebene gedanklich um einen zylindrischen Körper, so entsteht auf der Mantelfläche des Körpers ein Gewinde. Die geneigte Kante der schiefen Ebene erzeugt beim Abrollen um den Zylinder eine wendelförmige Linie.
Schneidet man nun den zylindrischen Körper gedanklich so auf, dass der Schnitt durch dessen Rotationsachse verläuft, so wird auch die wendelförmige Linie durchgeschnitten. Der Abstand von einem Schnittpunkt der Wendel bis zum nächsten entspricht dabei der Gewindesteigung.
Gewindearten nach Verwendungszweck
Als übergeordnete Unterteilung lassen sich die Gewindearten in Befestigungsgewinde und Bewegungsgewinde einteilen.
Ein Befestigungsgewinde benötigt für seine einwandfreie Funktion eine selbsthemmende Wirkung. Sämtliche Schrauben, samt ihren zugehörigen Muttern, die irgendwelche Bauteile zusammenhalten, haben selbsthemmende Wirkungen und gehören damit zu den Befestigungsgewinden.
Ein Bewegungsgewinde wandelt eine rotierende Bewegung in eine axiale Bewegung um. Zielsetzung ist hierbei jedoch eine fortlaufende axiale Bewegung einer Masse ohne gewünschte Klemmwirkung, wie dies bei einer Schraube der Fall ist. Als markantes Beispiel für ein Bewegungsgewinde ist hier die Leitspindel an einer Drehmaschine zu nennen. Die Leitspindel mit ihrem Trapezgewinde von in der Regel 6 mm Gewindesteigung bewegt den Werkzeugsupport in genau definierter Längsrichtung.
Typische Befestigungsgewinde
- Metrisches Gewinde, Regelgewinde
Metrisches Gewinde hat Millimeter-Steigung und einen Flankenwinkel von 60°. Sämtliche anderen Abmessungen sind bei diesem Gewinde in mm. Man bezeichnet solche Gewinde auch noch als ISO-Gewinde. Die Abmessungen sind nach DIN 13-1 genormt und in Gewindetabellen festgehalten. Jedem Außendurchmesser eines solchen Gewindes ist eine ganz bestimmte Gewindesteigung zugeordnet. So hat beispielsweise ein Regelgewinde von 20 mm Außendurchmesser eine zugeordnete Gewindesteigung von 2,5 mm. Die Bezeichnung eines solchen Gewindes wäre dann M 20.
- Metrisches Feingewinde
Metrisches Feingewinde hat ebenfalls Millimeter-Steigung und den gleichen Flankenwinkel (60°) wie das metrische Regelgewinde. Der Unterschied zum Regelgewinde besteht jedoch in der kleineren Gewindesteigung bei gleichem Außendurchmesser. Ein metrisches Feingewinde von 20 mm Außendurchmesser hat beispielsweise eine Gewindesteigung von nur 1,5 mm. Ein solches Gewinde hat dann die Bezeichnung M 20 x 1,5. Die Abmessungen der metrischen Feingewinde sind in der DIN 13-2 festgelegt.
- Whitworth-Gewinde
Bei Whitworth-Gewinden wird die Gewindesteigung als Gangzahl auf ein Zoll Gewindelänge (25,4 mm) angegeben. Der Flankenwinkel beträgt beim Whitworth-Gewinde 55°. Das Whitworth-Gewinde wird vorwiegend in Großbritannien unter folgenden Unterarten verwendet:
British Standard Whitworth -BSW- (Pendant zum metrischen Regelgewinde)
British Standard Fine -BSF- (Pendant zum metrischen Feingewinde)
British Standard pipe thread -BSP- (Unter dem Namen BSP ist diese Gewindeart auch auf dem europäischen Festland als Whitworth-Rohrgewinde weit verbreitet).
Typische Bewegungsgewinde
- Trapezgewinde
Das Trapezgewinde hat einen Flankenwinkel von 30°. Der Querschnitt eines Trapezgewindes hat die Form eines gleichschenkligen Trapezes. Die Abmessungen von Trapezgewinden sind nach DIN 103-1 genormt.
- Sägengewinde
Der Querschnitt eines Sägengewindes ist ähnlich einem Sägezahn. Das Sägengewinde hat einen Flankenwinkel von 33°. Sägengewinde werden vorwiegend bei großen einseitigen Belastungen, wie beispielsweise bei Spindelpressen, verwendet. Die Abmessungen des Sägengewindes sind nach DIN 513 genormt.
- Kugelrollgewinde
Der Querschnitt eines Kugelrollgewindes hat die Form eines Halbkreises, in welchem eine passgenaue Kugelmutter zur Anlage kommt. Häufige Anwendungen finden diese Art von Gewinden beispielsweise in Kugelgewindetrieben, die lediglich eine Rollreibung und damit einen hohen Wirkungsgrad aufweisen.
Wie erkennt man die Gewindeart?
Man misst oder prüft die Gewindesteigung. Dies kann mit einer Gewindeschablone oder mit einem Messschieber geschehen.
Man stellt den Messschieber beispielsweise auf 15 mm ein und hält dessen Messspitzen auf die Gewindespitzen des zu prüfenden Gewindes. Befinden sich nun zwischen den Messspitzen des Messschiebers genau 10 Gewindegänge, so handelt es sich um ein metrisches Gewinde mit 1,5 mm Gewindesteigung, wenn das Gewinde eingängig ist.
Hat das zu prüfende Gewinde eine Zollsteigung, so werden die Messspitzen des Messschiebers bei einer Einstellung von 15 mm nicht genau auf zwei Gewindespitzen dieses Zollgewindes zur Anlage kommen. Daher stellt man den Messschieber auf 25,4 mm (1 Zoll) ein, setzt den Messschieber wieder auf die Gewindespitzen und zählt die dazwischenliegenden Gewindegänge. Die Anzahl dieser Gewindegänge ist dann die Gangzahl pro Zoll (25,4 mm) Gewindelänge.
Fazit
Gewinde erfüllen sehr wichtige Funktionen auf allen Gebieten der Technik. Es gibt wohl kaum eine Maschine oder ein technisches Produkt, an dem nicht verschiedene Arten von Schrauben verbaut sind. Hierbei haben sich, zumindest in den meisten Ländern Mitteleuropas, die ISO-Gewinde mit ihren metrischen Abmessungen als Befestigungsgewinde durchgesetzt.
Lediglich in Großbritannien und teilweise auch in den USA werden noch verschiedene Ausführungen von Whitworth-Gewinden verwendet. In Mitteleuropa sind diese Gewinde mit Zollabmessungen lediglich noch als Whitworth-Rohrgewinde im Rohrleitungsbau im Umlauf.